Wie gemeinnützige Arbeit die Gesellschaft zusammenhält – das Ehrenamt in Deutschland
Was es bedeutet, sich ehrenamtlich zu engagieren, wie das die Bürger:innen in Deutschland tun und, wie auch Sie aktiv werden können erfahren Sie hier.
von Janis Kost, 18. August 2021
Im Juni 2021 habe ich eine Fahrradtour durch den Südwesten Deutschlands gemacht. Als ShelterBox-Botschafter habe ich Spenden gesammelt und in meiner Region von ShelterBox erzählt. Diese fünf Tage waren eine prägende und spannende Zeit, an die ich gerne zurückdenke.
Seit 2010 bin ich bei Rotaract und dadurch seit Anfang 2012 Botschafter bei ShelterBox. Durch die Corona-Pandemie war ich einer von vielen Angestellten, die in Kurzarbeit waren. Durch diese Umstände konnte ich mehrere Tage Kurzarbeit zusammenlegen und dadurch die Fahrradtour durchführen.
Auf meiner sechstägigen Reise über 647km, 5000 Höhenmeter durch Heidelberg, Mannheim, Darmstadt, Bad Kreuznach, Kaiserslautern, Saarbrücken und Speyer konnte ich das Handy und die Arbeitsgedanken komplett zu Hause lassen. Das war mal eine gute Erfahrung, weil ich richtig abschalten und mich auf den Urlaub konzentrieren konnte.
Die Spendenaktion hat sich gelohnt, da mir nun bewusst geworden ist, wie dankbar ich für mein Zuhause sein kann. Direkt am ersten Tag erlebte ich eine einschneidende Erfahrung. Ich hatte das Schild „Obdach ist ein Menschenrecht“ auf meinem Fahrrad mit. Auf einmal wurde ich von einem Obdachlosen angesprochen. Wir kamen ins Gespräch. Er vertraute mir seine Perspektive auf Obdachlosigkeit an. Ihm würde nicht geholfen und das Einfachste wäre ein Schlüssel zu einer Wohnung.
„Mensch“, dachte ich mir. „Und ich komme jeden Tag bei Freund:innen unter, die mich ohne mit der Wimper zu zucken bei sich aufnehmen.“
Der Mann ist seit 21 Jahren obdachlos. Direkt zu Beginn der Reise wurde mir klar: Das Leid ist direkt vor unserer Haustür. Obdach muss als Menschenrecht verinnerlicht werden. Meine Hoffnung ist, dass breitere Teile unserer Gesellschaft verstehen, dass das Recht auf ein würdiges Leben und ein Zuhause so vielen Menschen verwehrt bleibt. Eben darum bin ich froh, einen kleinen Teil dazu beizutragen, dass Menschen in Not geholfen wird.
Während meiner Fahrradtour bin ich bei Rotarcter:innen in den verschiedenen Clubs des Distrikts 1860 untergekommen. Dafür haben wir uns teilweise zwei Mal am Tag testen lassen – die Pandemie ist ja schließlich noch nicht vorbei. Diese unglaubliche Gastfreundschaft war eine enorme Sicherheit. Man kann überall unterkommen und muss sich keine Gedanken machen. Erst waren wir Unbekannte, die einem durch die Rotaract-Gemeinschaft dennoch wohlgesonnen sind. Das tägliche Grillen war die ideale Gelegenheit, ins Gespräch zu kommen.
Mit der Zeit haben wir als Teilnehmer:innen der Fahrradtour uns näher kennengelernt. Letztendlich haben wir sehr viel Zeit miteinander verbracht und so viele witzige Momente miteinander geteilt. Auf diese Weise haben wir einen enormen Teamgeist und Zusammenhalt entwickelt.
So eine Fahrradtour fordert viel Kraft, Motivation und Gelassenheit ab. Gleich zu Beginn war mir klar, dass der schwere Anhänger mit der ShelterBox für mein hochgestecktes Ziel mit über 500km zu viel des Guten war. Zum Glück konnte ich ihn bei Freunden abstellen. Es passieren immer Dinge, mit denen man nicht rechnet. Auf solchen Trips lernt man spontan umzudisponieren.
Die Spendenaktion ist nun eine Weile her, doch wenn ich sie in ein paar Stichwörtern zusammenfassen müsste, fallen mir dazu ganz viele Dinge auf einmal ein. Dazu gehören Wertschätzung, Selbstbewusstsein, Kraft, Ansporn, Freundschaft, Motivation, Belohnung und Feiern. Die schönen Momente waren unzählig: Das Grillen, der Ausblick auf die Berge und der Zusammenhalt. Du quälst dich gemeinsam den Berg hoch und fährst gemeinsam herunter.
Du wirst auch immer wieder überrascht: Zu unseren fünf Fahrer:innen gesellte sich ein älterer Rotarier. Er kam mit seinem 20 Jahre alten Rennrad und Lederhandschuhen an. Ich bin immer noch beeindruckt davon, wie super er mithalten konnte.
Außerdem blieb mir der letzte Tag in Erinnerung. Wir waren in einem abgelegenen Wald. 20 bis 30 Kilometer um uns herum gab es kein einziges Dorf, vielleicht nicht mal Menschen. Nur ein kleines Reh haben wir verschreckt.
Neben den schönen persönlichen Lektionen war ich froh, ein bisschen Aufmerksamkeit für das Thema Hilfsbedürftigkeit, Not und Obdach zu schaffen. Auch Spenden in Höhe von 320€ sind in Saarbrücken und auf der Reise zusammengekommen. Letztendlich ist es ja das, was den Menschen hilft, einen Schlüssel für ein neues Leben oder zumindest ein eigenes Zelt zu bekommen.
Auf Ninas Bemerkung, einer Praktikantin bei ShelterBox, dass sie es großartig findet, dass ich mir so viel Zeit nehme und das aus freien Stücken tue, antwortete ich, dass ich nichts bekommen habe und dass ich auch nichts zurückbekommen brauche.
Rundum war die Spendenaktion eine schöne Erfahrung. Wir haben an keinem Tag überlegt, ob wir unser Vorhaben abbrechen. Ich kann nur jedem ans Herz legen, selbst etwas für den guten Zweck auf die Beine zu stellen und wegzufahren. Diese Fahrradtour war der Wahnsinn!
Was es bedeutet, sich ehrenamtlich zu engagieren, wie das die Bürger:innen in Deutschland tun und, wie auch Sie aktiv werden können erfahren Sie hier.
Unterstütze uns mit deiner Zeit. Werde Teil der ShelterBox Familie.
von Zaha Al Ghusain, 18. August 2021
von Zoey Weddige, 18. August 2021
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