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Fatimas Geschichte: Flucht nach Kamerun
Die 37-jährige Fatima wurde in Nigeria geboren und lebt seit ihrer Flucht im Minawao Camp in Kamerun mit ihren Kindern Aisha und Birka. Sie teilt ihr neues Zuhause mit tausenden anderen Familien, die, wie sie, vor gewalttätigen Angriffen der extremistischen Gruppe Boko Haram nach Kamerun geflohen sind.
Fatima ist 2017 im Camp angekommen. Vorher lebte sie mit ihrem Ehemann, ihren Kindern, ihrer Mutter und ihrem Cousin zusammen. Ihr Ehemann arbeitete als Bauer, während ihre Kinder zur Schule gingen. Damals hatten sie keine Probleme, sagt Fatima. „Ich erinnere mich daran, dass ich damals sorgenfrei war. Wir waren nicht reich, aber uns hat auch nichts gefehlt, wir hatten ein bescheidenes und angenehmes Leben. Mein Ehemann tat für uns alles, was ihm möglich war. “
An einem sonnigen Freitag brach ihr Leben mit der Ankunft von Boko-Haram zusammen. „Ich werde den Tag, der mein Leben in einen Alptraum verwandelt hat, nie vergessen. An diesem Freitag sind alle aus der Moschee zurückgekehrt, haben miteinander geredet, es war ein Tag wie jeder andere. Meine Kinder waren nicht bei mir, sie haben mit ihren Freunden gespielt. Ich habe meine Haare bei einer Freundin geglättet, und mein Mann hat Songho (ein traditionelles Spiel) gespielt. Plötzlich habe ich ein unbeschreibliches Geräusch gehört. Als ich Leute rennen und schreien sah, habe ich realisiert, dass es eine Explosion gab. In diesem Moment begann mein Mann meinen Namen zu schreien. Ich sah maskierte und bewaffnete Männer schießen und überall Leute hinfallen. Ich sah Blut, tote Körper und stark verletzte Menschen.“ Ihre Mutter und ihr Cousin wurden getötet.
Fatima und ihre Familie flohen in ein Dorf an der nigerianischen und kamerunischen Grenze. Sie verbrachten dort ein paar Tage mit vielen anderen Menschen. Wegen einer schwerwiegenden Auseinandersetzung zwischen den Ansässigen und Fatimas Begleitern trat bald die Armee auf den Plan und verhaftete mehrere Leute; darunter Fatimas Ehemann. Fatima und ihre Kinder wurden an einen anderen Ort gebracht. Hier hörte Fatima von einem Ort für Flüchtlinge in Kamerun – dem Camp Minawao.
„Ich bin mit meiner Familie geflüchtet, immerhin waren wir am Leben. Wir haben alles verloren was wir hatten. Ich hatte keine Zeit etwas mitzunehmen. Ich war allein mit meinen Kindern, ohne Unterstützung nachdem mein Mann festgenommen wurde. Die anderen Leute erzählten mir, dass es einen Platz für Menschen wie uns gibt, und sie brachten uns zu dem Flüchtlingszentrum.“
Nach einer langen Reise kamen Fatima und ihre zwei Kinder endlich an. Sie verbrachten vier Monate dort in einer Gemeinschaftsunterkunft mit anderen Familien. „In dem Zentrum zu wohnen war eine neue Erfahrung für uns. Wir waren an unser eigenes Haus gewöhnt. Meine Tochter machte sich Sorgen und fragte mich ständig, wann wir zurück nach Hause gehen und wo ihr Vater ist. Was sollte ich ihr antworten? Wir aßen einmal am Tag und manchmal hatten wir gar kein Essen. Wenn wir zu viele waren und nicht genug Matten oder Decken hatten, schliefen wir oft auf dem Boden. Viele Leute verloren dort ihr Hab und Gut; ich hatte nichts, also habe ich nichts verloren.“
Als sie im Januar 2019 ihre private Unterkunft bekam – ein ShelterBox Zelt –, war Fatima erleichtert. „Ich wollte unbedingt wissen ob wir für immer in dem Zentrum mit all den anderen Menschen sein würden. Während dieser vier Monate zu warten kam mir extrem lang vor. Als ich erfuhr, dass wir eine Unterkunft nur für unsere Familie bekommen würden, war ich zwar erleichtert, machte mir aber immer noch Sorgen. Wir hatten zwar Essen, Wasser und einen Platz zum Schlafen, aber wie sollte ich für meine Kinder sorgen, sie zur Schule schicken, ihnen Kleidung kaufen?“
Durch die Unterkunft und andere Haushaltsgegenstände für den Alltag wurde sie unabhängiger und konnte anfangen langfristiger zu denken. Sie wollte Geld verdienen um für ihre Kinder zu sorgen, nun wo ihr Ehemann nicht mehr da war. „Ich musste anfangen darüber nachzudenken, wie ich Geld für ein Geschäft bekommen konnte, um nicht mehr immer nur eine hilfsbedürftige Person zu sein.“
Wie viele andere Frauen im Camp begann Fatima zu arbeiten und Geld zu verdienen, um für ihre Kinder zu sorgen und sie zur Schule zu schicken. „Ehrlich gesagt hatte ich am Anfang Angst davor, allein zu leben. Es war eine Herausforderung in der Notunterkunft zu leben und jeden Tag nach Essen zu suchen, aber ich bemerkte, dass viele Frauen in derselben Situation waren wie ich und profitablen Aktivitäten nachgingen. So habe ich auch entschiedenen mein eigenes Geschäft zu gründen. Ich habe mir Geld geliehen und begann akara (weiße Bohnen) zu verkaufen, und einige Zeit später, begann ich zu kochen und Donut mit akara zu verkaufen.“
„Es ist ein großer Unterschied zwischen dem Leben in dem Flüchtlingszentrum und dem Leben in der Unterkunft. Ich habe mehr Privatsphäre und kann einfach rausgehen und mich um mein Geschäft kümmern, ohne mich um meine Sachen zu sorgen. Meine Kinder verbringen mehr Zeit zusammen und können sich auf ihre Bildung konzentrieren. Ich wünschte ich könnte mein Leben wiederaufbauen und meinen Kindern Sicherheit bieten“, sagt Fatima.
Nach eineinhalb Jahren in ihrer Notunterkunft entschied Fatima sich dazu, eine stabilere Unterkunft zu bauen. Sie bekam Planen und Seile von IEDA Relief – ShelterBox’s Partner in Kamerun. Damit bedeckte sie ihr Haus, und fühlt sich jetzt wohler, wo es stabiler ist.
Ihr Plan für die Zukunft ist, ihr Geschäft zu erweitern und einen Platz auf dem Markt zu bekommen, um mehr Kunden zu erreichen. „Die Notunterkunft war mein erstes Haus hier. Ich bin der Organisation und jedem, der dazu beigetragen hat, mein Leben wiederaufzubauen, so dankbar. Ich habe keine Worte, um meine Gefühle vor so viel Freundlichkeit auszudrücken. Ich habe jetzt ein neues Lehmhaus, vielen Dank. Ich werde stürmischem Wetter mit Zuversicht begegnen. Nun möchte ich mein Geschäft ausbauen, um meinen Kindern ein besseres Leben zu ermöglichen“, schloss Fatima.