Als Folge einer verheerenden Dürrekatastrophe in der Sahelzone zwischen 1968 bis 1974 wurde im Jahr 1977 in Nairobi die „United Nations Conference to Combat Desertification“(UNCCD) einberufen. Die Konferenz prägte damals den weltweit verwendeten Begriff „Desertifikation“, welcher die Zerstörung von fruchtbarem Boden in Trockengebieten in einem Wort zusammenfasst. Doch es steckt noch mehr hinter dem Ausdruck. Denn darüber hinaus umfasst er zudem auch die Folgen der Übernutzung von der Natur durch den Menschen – und damit eines der größten Probleme unserer Zeit, für den Menschen und die Natur.
Was das Phänomen auslöst
Die „Verwüstung“ entsteht vor allem in Trockengebieten, die zu intensiv und nicht nachhaltig genutzt werden. Das gilt vor allem für Flächen, die sich nicht oder nur kaum für die landwirtschaftliche Nutzung eignen. Monokulturen, zu kurze Brachzeiten oder die Verwendung von Pestiziden sowie Düngemitteln sind nur ein paar der Gründe für die übermäßige Beanspruchung von Landflächen. Zudem wird das Ökosystem auch durch das rasant ansteigende Wachstum der Bevölkerung stark belastet. Ein weiteres Problem ist das sogenannte „Land Grabbing“, wobei Ackerflächen an Investoren verkauft werden. Den Landbewohnern bleibt so immer weniger fruchtbare Anbaufläche übrig, welche sie deshalb umso intensiver gebrauchen müssen.
Trockengebiete umfassen bis zu 40 % der Landfläche auf dem Globus. Sie sind sowohl Lebensraum als auch Existenzgrundlage für hunderte Millionen Menschen. Umso schlimmer ist es, dass mittlerweile mehr als 70 % dieser Gebiete von Desertifikationserscheinungen betroffen sind. (Quelle: desertifikation.de)
Die Folgen von Desertifikation für Erde und Menschen
Die Auswirkungen der Desertifikation sind katastrophal: Fruchtbarer Boden wird übernutzt und die Vegetation kann dadurch sogar vollständig zerstört werden. Der Boden trocknet aus und verkrustet, sodass kein Wasser mehr abfließen kann. Brunnen versiegen und das Land verödet. Die Konsequenzen sind vor allem zunehmende Hungersnöte sowie Naturkatastrophen, die wiederum die Armut der Bevölkerung verstärken. Bauern und Viehzüchter werden in diesem Rahmen zur Landflucht gezwungen. Nicht selten führen diese Wanderungsbewegungen auch zu Konflikten.
Zusammenhang von Desertifikation, Armut und Hunger
Die Länder, in denen die Desertifikation besonders stark ausgeprägt ist, gehören gleichzeitig zu den ärmsten Staaten der Erde. Schulden werden in diesen Ländern oft durch Exporte aus Land- und Forstwirtschaft getilgt. Dadurch müssen die Staaten den Anbau konkurrenzfähiger Produkte verstärken. Erst die Entschuldung der Länder würde es ermöglichen, das Ackerland für die eigenen nationalen Bedürfnisse zu nutzen.
Sollten weite Teile des Bodens austrocknen, erschwert das den Anbau von Nahrungsmitteln. Auch Weideflächen für Vieh werden stets kleiner und knapper. Bereits jetzt ist ein Fünftel der Trockengebiete rund um den Globus stark geschädigt. Besonders davon betroffen sind die Randgebiete von Wüstenzonen, insbesondere in Afrika, auf der arabischen Halbinsel und in Zentralasien. Allerdings breitet sich die Desertifikation auch immer stärker im südlichen Europa aus. Zurzeit entstehen pro Minute etwa 23 Hektar Wüstenflächen neu. Das sind mehr als 50.000 Quadratkilometer pro Jahr. (Quelle: BPB)
Der Kampf gegen die Wüstenbildung
Die Vereinten Nationen wollen mit der Initiative „Land Degradation Neutrality (LDN) die Desertifikation bekämpfen. Diese ist Teil der im Jahr 2015 beschlossenen „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“. Bisher haben sich 121 Länder freiwillige Ziele gesetzt, um den Verlust nutzbarer Böden zu stoppen. Das umfasst Projekte wie die Bewässerung großer Flächen und den Aufbau von Vegetation. Eine besondere Rolle spielen Wälder, da sie Kohlendioxid binden, die Bodenqualität verbessern und Windgeschwindigkeiten reduzieren, um Erosionen zu unterbinden.
Auch die Wiederaufforstung kann einen Lösungsansatz darstellen. Dadurch kann eine Vegetation wiederhergestellt werden, die den Boden schützt und welche die agrarwirtschaftliche Nutzung verbessert. Ein weiterer Vorteil der Aufforstung: Die Bevölkerung kann zusätzlich mit Rohstoffen wie beispielsweise Holz versorgt werden. Um beschädigte Flächen wieder oder neu zu gewinnen, erhalten außerdem bisher unterversorgte Regionen Bewässerungssysteme. Allerdings wird bei den Projekten stets viel Wasser benötigt. Daher lohnt sich die Gewinnung zusätzlichen Wassers durch Staubecken und -dämme.
Optimismus gibt es dennoch: Afrikas grüne Mauer
Doch es gibt auch Initiativen, wie die Große Grüne Mauer der Sahara und des Sahel, die inzwischen als Afrikas Vorzeigeinitiative gilt. Das Ziel des Projekts ist es, die Effekte des Klimawandels und der Desertifikation zu verhindern. Grün soll sich die Mauer durch Afrika ziehen – von Senegals Küste am atlantischen Ozean bis in den Osten Äthiopiens. Es ist ein rund 15 Kilometer breiter und 7.775 Kilometer langer Streifen, der verhindern soll, dass sich die Sahara immer weiter ausbreitet und so Millionen von Menschen ihrer Lebensgrundlage beraubt.
So jedenfalls sieht die Vision der Afrikanischen Union (AU) aus, welche die Initiative 2007 gründete. Die große, grüne Mauer ist der ehrgeizige Versuch, eine notwendige Lösung für die Wüstenbildung und den Verlust fruchtbarer Böden zu finden. Das Ganze ist allerdings mehr als nur ein Umweltprojekt: Bis zum Jahr 2030 sollen 100 Millionen Hektar von aktuell unfruchtbarem Land in der Sahelregion regeneriert und über 250 Millionen Tonnen Kohlenstoff gebunden werden. Positive Resultate erwünscht man sich auch für die Menschen, indem mehr als zehn Millionen grüne Arbeitsplätze geschaffen werden sollen. Auch weitere Themen wie Klimawandel, Dürre, Hungersnot, Konflikte, Migration und die Landverödung sollen damit angegangen werden.
Übrigens: Der Welttag für die Bekämpfung von Wüstenbildung und Dürre am 17. Juni soll auf die Folgen der Verödung großer fruchtbarer Landflächen aufmerksam machen.