Ursprünglicher Artikel auf englisch von Rachel Harvey, dieser Artikel wurde übersetzt von Simone Schraivogel.
Aktuell befinden sich weltweit viele Länder im Lockdown und es gilt, größere Menschenansammlungen möglichst zu vermeiden. Eine Frage, die sich in dieser neuen Situation stellt, ist wie wir Hilfe und Hilfsleistungen zu Betroffenen vor Ort bekommen ohne, dass dabei jemand gefährdet wird?
Fragt man Mitarbeiter in der Katastrophenhilfe, was ihnen am besten an ihrem Job gefällt, würde man von den meisten wahrscheinlich eine ähnliche Antwort erhalten: das Zusammenkommen mit Menschen und die Arbeit hand-in-hand mit denjenigen, die wir vor Ort unterstützen. Aber seitdem der internationale Reiseverkehr fast komplett zum Stillstand gekommen ist, wird auch der wertvolle Austausch und die Interaktion mit Hilfsbedürftigen schier unmöglich. Was aber nicht heißt, dass unsere Arbeit dort jetzt stoppt – es bedeutet nur, dass wir in einigen Dingen kreativer werden müssen. Wir bei ShelterBox haben schon immer von einem globalen Netzwerk an Partnerschaften profitiert und das ist in der Zeit des Coronavirus wichtiger denn je geworden. Für uns geht es vor allen Dingen darum, in Zusammenarbeit mit lokalen Organisationen und Institutionen, die Menschen zu unterstützen, die es am dringendsten brauchen. Auf diese Zusammenarbeit greifen wir jetzt verstärkt zurück. Sie hat sich von Burkina Faso bis Syrien, von Äthiopien bis Kamerun, Nigeria, Somalia und noch weiter bewährt.
Unser Partner ReliefAid stellt ShelterBox Hilfsgüter in Syrien bereit
Wir arbeiten mit diversen staatlichen und humanitären Organisationen zusammen. Einige von diesen arbeiten lokal andere wiederum international. Unser Netzwerk ist einer der Schlüssel für den nachhaltigen Erfolg unserer Arbeit. ShelterBox ist eine der wenigen global anerkannten Spezialisten, wenn es um Notunterkünfte und deren Bereitstellung geht. Über die Jahre sind wir in unserer Arbeit immer besser geworden. Wir erkennen aber auch, dass wir im Alleingang den lokalen Gemeinschaften nicht alles bereitstellen können, was sie zur Erholung benötigen. In Fällen in denen andere Organisationen mehr Erfahrung -z.B. mit Wasser oder Hygiene- haben, bringen wir die Expertise zum Thema Obdach mit in die Zusammenarbeit, woraus sich dann in Summe ein stärkeres Hilfspaket ergibt.
Aktuell sind wir auch mit der Herausforderung konfrontiert, dass wir nicht persönlich vor Ort sein können und unseren Teil der Zusammenarbeit nicht überwachen können. Wir können nicht persönlich sichergehen, dass die Hilfe auch bei denjenigen ankommt, die sie benötigen und Ihnen zeigen, wie sie unsere Hilfsgüter am besten anwenden. Hier greifen wir jetzt auch auf unser Netzwerk an Partnern zurück, mit denen wir schon seit mehreren Jahren zusammenarbeiten. Und wie so viele Anderen auch, haben wir einen Teil unserer Arbeit ins Digitale verlegt. Das heißt, wir bieten unseren Partnern aus der Entfernung Unterstützung, Training und Ratschläge. Wie das im Einzelfall aussieht, kann sehr unterschiedlich sein. Wir machen neben relativ technischen Schritt für Schritt Anleitungen auch Videotrainings mit hilfreichen Tipps zum korrekten Gebrauch unserer Shelterkits oder live Chats auf Whatsapp. Hier zählt vor allem Flexibilität, um genau das Tool zu finden das unseren Partnern und den Betroffenen vor Ort am besten helfen kann.
Aber es gibt noch mehr Themen, mit denen wir uns momentan auseinandersetzen und die wir versuchen neu zu durchdenken. Die meisten Länder haben relativ restriktive Regelungen zur Mobilität in und außerhalb ihrer Landesgrenzen sowie zu großen Versammlungen von Menschen erlassen, um die Verbreitung des Coronavirus einzudämmen. Das bedeutet, dass auch wir die Anzahl der Menschen, die ihr Hilfspaket persönlich abholen, reduzieren. Gleichzeitig wollen wir sicherstellen, dass ein notwendiger Sicherheitsabstand bei den Ausgabestellen eingehalten wird. Das klingt zwar auf den ersten Blick relativ einfach, ist in der Umsetzung aber schwierig und komplex. Beispielsweise sind Flüchtlingscamps oft stark überfüllt und Menschen leben dort eng an eng miteinander. Das ist letztendlich der Grund, warum unsere Unterstützung in Sachen Notunterkünften so stark gebraucht wird. Um auch in solchen Situationen weiterhin Hilfe anzubieten, braucht es sorgfältiges Management und Verständnis von allen beteiligten Parteien.
Eines unserer Zeltaufbau-Trainings in Kamerun
Hinzu kommen noch Maßnahmen, die wir eingeführt haben, um die Ausbreitung des Virus während der Ausgabe von Hilfsgütern zu verhindern. Zum Beispiel indem wir Möglichkeiten zum Hände-Waschen an der Ausgabestelle schaffen und alle Oberflächen regelmäßig desinfizieren. Während Menschen auf ihre Hilfsgüter warten, informieren wir sie über die gängigsten Hygienemaßnahmen wie z.B. Social Distancing, regelmäßiges Händewaschen, Husten und Niesen in die Armbeuge etc., um eine Ausbreitung des Virus zu vermeiden. In manchen Fällen verdeutlichen wir das auch, indem wir zusätzliche Hygieneprodukte zu unseren Hilfsmitteln beilegen. In Syrien haben wir erst kürzlich Seife und ein Handwaschbecken aus Plastik zum Notfall- Paket mit Decken, Küchensets und anderen Utensilien hinzugefügt. Auch unser Projekt in Äthiopien haben wir angepasst indem wir zu unseren Hilfsgütern Seife hinzugefügt haben und Informationsmaterial zu Hygienemaßnahmen bereitgestellt haben.
Korrektes Anstehen mit Social Distancing und eine unserer Handwasch-Stationen bei der Ausgabe von Hilfsleistungen in den Philippinen
Auch unsere Mitarbeitern*innen und freiwilligen Helfern*innen, die bei der Verteilung der Hilfspakete dabei sind, haben ihre Arbeitsweise angepasst. Wir müssen nun ohne die vielen alten Begrüßungsformen, die für uns alle lange so wichtig und normal waren, auskommen. Ein einfaches Händeschütteln ist mit Risiko verbunden und auch ein freundliches Lächeln muss sich hinter der Maske verstecken. Aber immerhin können wir noch direkt und persönlich mit den Menschen, die sich in den betroffenen Gebieten befinden, kommunizieren.
Sobald das Virus unter Kontrolle ist, werden wir wieder vor Ort sein, um das zu tun, was wir am besten können. Um Hand in Hand mit den lokalen Gemeinschaften zusammenzuarbeiten, um sie so in ihrem persönlichen Weg aus der Katastrophe zu unterstützen. Wenn Sie mehr dazu erfahren wollen, wie das Coronavirus andere Aspekte unserer Arbeit beeinflusst hat, dann könnt ihr das hier nachlesen.